Warum unterbrechen Sie den Klienten so oft?

Es passiert häufig, dass wir das tun und es hat einen Sinn. Das Ziel bei der provokativen Vorgehensweise ist es, den Klienten aus seinen verkopften Reportagen in das Gefühl zu bekommen. Wenn wir den Klienten zu lange reden lassen, bleibt er im Kopf. Es sind keine emotionalen Ladungen mehr vorhanden. Indem wir ihn immer wieder unterbrechen, überraschen wir ihn und zwingen ihn damit dazu, selbst zu sortieren. Der Klient ist dabei ständig gefordert, seinen vorgefertigten unemotionalen Vortrag emotional zu relativieren. Sie unterbrechen den Klienten also am besten mit einer unerwarteten Äußerung. Schon Milton Erickson sagte: Der beste Indikator für Veränderung beim Klienten ist die Unvorhersagbarkeit des Therapeuten.

Wenn man die Klienten nach der Sitzung fragt, ob sie überhaupt gemerkt haben, dass sie immer wieder unterbrochen wurden, sagt die Mehrzahl von ihnen: Nein. Das hab ich nicht so empfunden. Das liegt daran, dass wir den Klienten nicht mit irgend einem eigenen Thema unterbrechen, sondern als Berater ständig in der ‚mentalen Unterhose‘ des Klienten sind, d.h. wir versuchen so zu denken wir er/sie und diese Denke provokativ zu karikieren. Von außen (im Plenum des Seminars) wirkt das immer anders als innerhalb des Zweiergesprächs. Das bestätigen uns die Klienten jedes mal, wenn man sie nach der Sitzung danach fragt.

Natürlich heißt das nicht, dass sie die Klienten nie zu Ende sprechen lassen dürfen. Erfragen Sie Dinge, die Sie wissen möchten oder die sie noch nicht verstanden haben. Versuchen Sie nur, zu merken, wann der Klient in seine Kopfreportage verfällt. Dann haken Sie ein, gerne auch mitten im Satz, um den Klienten aus seiner Selbsthypnose zu werfen.

Anmerkung: Manche Klienten wollen uns vor der ersten Sitzung per E-Mail ganze Geschichten zu ihrem Problem schicken. Wir blocken das immer ab und sagen ihnen, dass wir vorher am liebsten gar nichts wissen möchten bzw. uns vorher gar keine Gedanken dazu machen wollen, um uns selbst davon abzuhalten, Hypothesen zu entwickeln, von denen wir im Prozess merken, dass sie vielleicht falsch waren. Lassen Sie sich im Moment des Gesprächs inspirieren. Dann haben Sie keinen Plan im Kopf, der eventuell in die falsche Richtung führt und sind die ganze Zeit voll und ganz beim Klienten.