Kontraindikationen

Frank Farrelly hat die Provokative Therapie in der Psychiatrie entwickelt und mit jedem erdenklichen Problem provokativ gearbeitet, d.h. der provokative Ansatz an sich hat keine Grenzen, was die Art der Probleme angeht.

Die Grenzen der Anwendung provokativer Interventionen liegen nur bei Ihnen, dem Anwender, als Therapeut, Berater, Mediator, Coach, Trainer:

1. Wenn Sie selbst im gleichen Problem feststecken wie der Klient, wird es schwierig provokativ zu werden. Sie können sich dann zwar in den Armen liegen und gegenseitiges Mitgefühl und Verständnis zeigen, aber das Problem provokativ liebevoll zu karikieren wird in diesem Fall schwierig, weil Ihnen die humorvoll relativierende Distanz fehlt. Sie sollten also dem Klienten in der Bearbeitung des Problems mindestens eine Woche voraus sein.

2. Wenn für Sie das Problem zu weit weg ist, d.h. wenn sie überhaupt nicht verstehen, wovon der Klient gerade spricht, wird es ebenfalls so gut wie unmöglich, provokativ zu arbeiten. Sie können dann nicht in das Weltbild des Klienten einsteigen, weil sie gar nicht verstehen, was den Klienten bewegt. In dem Fall sollten Sie den Klienten entweder zu jemandem schicken, der sich mit der Thematik auskennt oder sich vorher informieren, um was es eigentlich geht.

3. Die provokative Arbeit verbietet sich, wenn Ihnen der Klient unsympathisch ist oder Sie ihn nicht leiden können. Dann fehlt die wohlwollende, wertschätzende Grundhaltung, die unerlässliche Voraussetzung für die provokative Arbeit ist. Lassen Sie also die Finger davon und schicken Sie den Klienten zu ihrem Kollegen, den Sie nicht leiden können.

4. Eine letzte Kontraindikation ist die sogenannte individuelle Beißhemmung. Sie liegt bei jedem an einer anderen Stelle. Ihnen wird dann sowieso nichts Provokatives einfallen, deshalb richtet diese Kontraindikation nicht viel Schaden an, außer dem, dass in der Stunde nicht viel passiert, was den Klienten weiter bringen würde. Wenn Sie z.B. glauben, dass der Klient zu hilfsbedürftig und schwach ist, um sein Problem ohne Ihre permanente Unterstützung und Hilfe zu lösen, wenn Sie die Krise kriegen, sobald ein Klient anfängt zu weinen, wenn Sie jedes Mal bei älteren Damen nicht mehr wissen, was Sie sagen sollen, wenn Sie bei Menschen mit Behinderungen in eine Schonhaltung verfallen (um nur ein paar Beispiele zu nennen), dann machen Sie lieber etwas anderes als eine halbherzige provokative Bemerkung. Versuchen Sie immer wieder für sich selbst herauszufinden, an was es liegt, dass Sie bei bestimmten Themen in Schockstarren verfallen und erweitern Sie ihre eigenen Grenzen Stück für Stück.